Literaturkreis "Hiob"

Sehr engagiert diskutierten die Teilnehmerinnen des Literaturkreises unter Leitung von Astrid Wesserling über den Roman „Hiob“ von Joseph Roth, den sie vorher – besonders auch wegen seiner sehr klaren Sprache – mit Interesse und Freude gelesen hatten.

Im Mittelpunkt des Werkes steht Mendel Singer, ein frommer gottesfürchtiger, armer, ganz alltäglicher Jude, der als Lehrer Kindern die Kenntnis der Bibel vermittelt. Seine Frau Deborah, die an Gesicht, Körper und Händen früh verwelkt ist, beneidet die Wohlhabenden und die Kaufleute um ihren Besitz. In der Familie wachsen drei Kinder auf: Jonas, Schemarjah und Mirjam. Mit der Geburt des vierten Kindes, eines Jungen, bricht Leid über die Familie ein.

Menuchim ist ein Krüppel, von dem der Doktor sagt, dass er Epileptiker werden wird. Jonas geht zum Militär und will dort bleiben, auch wenn er schon ausgedient hat. Schemarjah desertiert nach Amerika, heiratet und macht mit einem Kollegen große Geschäfte im Versicherungsbereich. Mirjam hat sich mit einem Kosaken eingelassen . Mendel und Deborah nehmen nach langem Ringen, ob sie Menuchim alleine zuhause lassen können, die Einladung von Schemarjah, der jetzt Sam heißt, in die USA an. Amerika erweist sich für die Mendels nicht als das gelobte Land, sondern als eine tötende Heimat. Sam fällt im amerikanischen Krieg, Jonas ist verschollen. De- borah stirbt aus Trauer um Sam, Mirjam wird durch den Tod von Mutter und Bruder verwirrt und kommt in eine Irrenanstalt. Mendel versinkt in Verzweiflung. Er ist böse auf Gott, er will ihn verbrennen. Warum straft Gott ihn, warum vernichtet er nur die Schwachen. Gott ist zu grausam, um ihn sterben zu lassen, Mendel muss leben.

Das Wunder geschieht völlig unerwartet. Am Osterabend kommt ein fremder, edler junger Mann, der Mendel sprechen möchte und sich später als Menuchim vorstellt. Wie der Rabbi vorhergesagt hatte, ist er durch sein Leiden gütig, milde und stark geworden. Er wird sich mit Mirjams Ärzten in Verbindung setzen. Nachdem Mendellange das Bild seiner Schwiegertochter und ihrer Kinder, seinen Enkeln, betrachtet und in dem Mädchen ein Kinderbild Deborahs zu sehen geglaubt hatte, legte er sich nieder und ruhte aus „von der Schwere des Glücks und der Größe der Wunder.“

Dieser letzte Satz und die Frage der Theodizee wurden von den Teilnehmerinnen besonders besprochen . DR. GABRIELE PEUS-BISPINCK