Otto Mueller-Austellung
Otto Mueller-Ausstellung Die Bilder von Otto Mueller, dem Mitbegründer der Künstlergruppe die BRÜCKE (1905 – 1913) und einem der Vorreiter des Expressionismus, kann man mögen, muss es aber nicht. Dazu polarisieren er und der Expressionis- mus zu sehr.
Dennoch, diese Ausstellung sollte niemand mit Kunstinteresse verpassen, gerade weil sie Muellers Werk durchaus kontrovers betrachtet, ja geradezu dazu auffordert, darüber kontrovers zu diskutieren. Zum Glück hatte eine Gruppe von 22 CC-Mitgliedern unter der Führung von Präsidentin Michaela Heuer sehr schnell nach Ausstellungsbeginn die Chance, unter sachkundiger Führung von Maximilian Döbecker und Daniel Friedt die beeindruckende Ausstellung zu besichtigen.
Otto Mueller zählt zu den wichtigsten Künstlern des deutschen Expressionismus. Zu seinem 150. Geburtstag widmet das LWL-Museum für Kunst und Kultur ihm eine umfassende Ausstellung. Neben der Würdigung seiner Arbeiten blickt man dort auch kritisch auf seine Darstellung von Frauen sowie Minderheiten wie Sinti und Roma-Aspekte, die heute aus einer modernen Perspektive neu bewertet werden müssen. Aber es wird auch immer wieder darauf hingewiesen, dass damals als die Bilder entstanden, mit völlig anderem Blick auf diese Arbeiten gesehen wurde. Sehnsucht nach Freiheit und Ursprünglichkeit Bekannt für seine charakteristischen Darstellungen von oft überschlanken, stereotypen Frauenakten in der Natur, bei denen eigentlich nur die Gesichter variieren, schuf Otto Mueller Kunstwerke in erdigen Farben, die eine Sehnsucht nach dem ursprünglichen Ausdruck verkörpern. Er nutze für seine Bilder Leimfarben und als Untergrund nicht-grundierten Rupfen (Sackleinen). In seinen Bildern geht es nicht um das Individuum, sondern beim Expressionismus ist das Bild eher ein Gefühl und muss nicht exakt abbilden.
Gleichzeitig versteht muss man die Bilder als Rebellion gegen die Hektik der aufkommenden Industrialisierung sowie gegen die moralischen Zwänge der damaligen Gesellschaft wahrnehmen. Die Sehnsucht nach diesem einfachen und ursprünglichen Leben zieht sich wie ein roter Faden durch seine Werke, die nun in Münster unter der Leitung von Kuratorin Dr. Tanja Pirsig-Marshall ausgestellt werden. Ihr zur Seite stehen die beiden Kuratorinnen Flora Tesch sowie Ann-Catherine Weise, die in der Ausstellung Muellers Werke in all seinen, durchaus kontrovers zu diskutierenden Facetten beleuchten – und das nicht nur aus einer kunsthistorischen Perspektive.
Ganz klar ist auch, dass Muellers Werke nicht durch die heutige Brille betrachtet werden dürfen, in denen die Stellung der Frau und ihrer Nacktheit eine ganz andere ist, er schuf die Werke in seiner Zeit um 1900. Heute würde man ihn sicher in vielen Dingen zumindest kritisieren oder ihn gar als einen Sexisten titulieren. Er begeht nach heutigen Vorstellungen fortwährend Tabubrüche, die in seiner Zeit und in seinem Umfeld aber durchaus akzeptiert wurden. Muellers Werke im Dialog seiner Zeit Die Ausstellung geht über die bloße Würdigung von Muellers Kunst hinaus und steht im Dialog mit anderen Künstlerinnen und Künstlern, darunter Ernst Ludwig Kirchner, Otto Dicks, Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff – Muellers Weggefährten aus der Künstlergruppe Die Brücke, in der der Künstler selbst ab 1910 Mitglied war. Erstaunlich ist, dass seine Brücke Kollegen ihn sehr schätzten, er selbst sich aber durchaus negativ über sie und ihre Kunst äußerte.
Ebenso spannend und wichtig ist die kritische Auseinandersetzung mit Muellers Werken – insbesondere mit seiner Darstellung von weiblicher Nacktheit, oder der Abbildung farbiger Frauen, die doch sehr an Kolonialbilder erinnern, hierzu gibt es einen interaktiven Raum, der sich extra mit dieser Thematik befasst. Daneben wird besonders auf Muellers romantisierende und stereotypisierenden, ja zeitgeistig fast abwertenden Darstellung von Minderheiten wie Sinti und Roma eingegangen. Diese beeindruckten Mueller wegen ihrer vermeintlich freien und ursprünglichen Lebensweise. Interessant ist zudem, dass Mueller fast immer seine jeweiligen Frauen, die zugleich seine Modelle und Musen waren, nackt porträtiert hat, sich selbst aber höchst selten und dann sehr maskenhaft, aber nie nackt darstellt.
Leihgaben aus aller Welt Die Werke des in Schlesien geborenen Künstlers Otto Mueller (1874 – 1930) begeistern bis heute ein internationales Publikum und natürlich die anwesenden CC Mitglieder dieser Führung. Mit über 60 beeindruckenden Leihgaben aus renommierten Museen weltweit, darunter das MoMA in New York, die Albertina in Wien sowie dem Brücke-Museum in Berlin, ist die aktuelle Ausstellung ein echtes Highlight für Kunstliebhaber. Und sie toppt mit dieser Fülle an Werken, aber auch in der kritischen Aus- einandersetzung, zu der die Ausstellungs-kuratorinnen ausdrücklich einladen, die vorherigen Ausstellungen in Bremen und Dortmund.
Wer weiß, wie schwierig und kostspielig solche Kunstwerke zu transportieren sind, kann nur vor dem Team des LWL-Museums den Hut ziehen. Und die beiden Führer Maximilian Dörbecker und Daniel Friedt haben es mit Emphase, aber durchaus unterschiedlichen Schwerpunkten, geschafft, den CC Mitgliedern das Werk Otto Muellers weit über die reine Bildbetrachtung hinaus nahe zu bringen. MATTHIAS PAPE